03.10.2023 / Agenda Innere Stadt

Das Außen der Häuser ist das Innere der Stadt

Frei nach Jane Jacobs haben wir uns in der 5. Auflage des fast runden Tisches den Erdgeschosszonen gewidmet.

Was eine lebendige Erdgeschosszone braucht, damit sie auch das Innere der Stadt – also den öffentlichen Raum – mit Leben erfüllt, haben wir mit drei Expertinnen - Ula Schneider (SOHO in Ottakring und Kreative Räume Wien) sowie Silvia Spendier und Anita Bock (Wirtschaftskammer Wien) - diskutiert.

 

Eine leerstehende Erdgeschosszone schadet dem Stadtbild

 

Ula Schneider betont, dass das im Umkehrschluss auch bedeutet, dass eine Gasse in der viel los ist - wie bunte Schaufenster und Lokale - die soziale Kontrolle, eine Art Sicherheitsgefühl und ein Gefühl von Leben in der Stadt widerspiegelt.

 

Bezirksvorsteher Markus Figl spricht vom Stadtgefühl, das die Innere Stadt seinen Bewohner:innen und Besucher:innen vermitteln möchte. Eine Gasse sollte spürbar sein. Synergie-Effekte ergeben sich durch die Begrünung von Gassen, sowie abwechslungsreichen Unternehmen mit qualitativ hochwertigen Produkten. Das Ziel wird demnach immer sein Leerstände zu vermeiden und einen guten Mix an Geschäften in der Inneren Stadt zu erhalten.

 

Silvia Spendier und Anita Bock berichten über das Service, das die WKO zur Standortsuche anbietet. Dies reicht von umfangreichen Standortanalysen, bis hin zu individuellen Beratungen. Oftmals erscheinen Erdgeschosslokale leerstehend, werden aber als Lager oder Büro genutzt. Nach Außen scheinen ungepflegte Schaufenster dann wenig attraktiv. Diese Nutzung von Erdgeschosszonen hat in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Gründen zugenommen. Hier greift die WKO unterstützend ein.

 

Zwischennutzung als Lösung?

 

Sobald ein Erdgeschosslokal leer steht, wäre es ideal dieses mit möglichst kreativen Ideen temporär zu nutzen. Ula Schneider berichtet von erfolgreichen Zwischennutzungen, die zur Aufwertung des Objektes und sogar des gesamten Grätzls beitragen konnten.

 

Die Wirtschaftskammer ist zu diesem Thema in regelmäßigem Austausch mit unterschiedlichen Playern, die sich mit temporären Nutzungen auseinandersetzen. Rechtliche Fragen, Leistbarkeit und viele weitere Unsicherheiten machen eine Zwischennutzung nicht immer einfach. Aber erfolgreiche Projekte wie SOHO Ottakring zeigen wie es gehen könnte. Wie dies auf die Innere Stadt übertragen werden kann, konnten wir nicht im Detail besprechen. Kreative Zwischennutzungen sind aber sicherlich auch für die Innere Stadt ein geeignetes Instrument.

 

Bummeln bereitet Freude

 

Die Agenda Innere Stadt hat 2021 Bewohner:innen eingeladen ihre liebsten Bummelrouten herzuzeigen. Diese sind im Bummelguide nachzulesen und können natürlich auch selbst ergangen werden.

 

Es hat sich herausgestellt, wenn Flanieren attraktiv ist, werden diese Routen gerne angenommen. Menschen gehen nicht nur zum Einkaufen in belebte Gassen. Schon alleine das „window-shopping“ - also flanieren, schmökern, Schaufenster ansehen, plaudern beim Gehen, etc. - ist für viele Menschen eine Unternehmung.

 

An unserem fast runden Tisch sind sich alle einig, dass es dazu immer den richtigen Mix an Geschäften und Lokalen benötigt. Für die Bewohner:innen ist beispielsweise die tagtägliche Nahversorgung von großen Bedeutung. Auch an Wochenenden sollte zumindest ein Teil der Lokale offen sein, Ladezonen werden benötigt, Begrünung und eine ansprechende Gestaltung ist ebenso gefragt, sowie eine Verkehrsberuhigung.

 

Die Erreichbarkeit der Inneren Stadt, sowie das Ausmaß der Verkehrsberuhigung, sind Themen zu denen die Meinungen auseinander gehen. Die Zufahrtsbeschränkung in die Innere Stadt wartet noch auf ihre Umsetzung. Erfahrungen mit einer anderen als der derzeitigen Erreichbarkeit, konnten wir deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht besprechen.

 

Es geht um die gesamte Fläche

 

Schon länger betrachtet die Wirtschaftskammer den 1. Bezirk nicht mehr in einzelnen Einkaufsstraßen. Es geht um die gesamte Fläche. Nicht jede Gasse soll und muss alles können, zudem sind Herausforderungen wie die (Haus-) Eigentümerstruktur zu bewältigen, die nicht unwesentlich bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes sind.

 

Es braucht eine zeitgemäße, an den Klimawandel angepasste Gestaltung mit Platz für die Menschen. Nur so werden auch die Menschen die Innere Stadt weiterhin als Ort der Begegnung wahrnehmen und nutzen. Alles was jetzt gebaut wird muss den Ansprüchen der kommenden 10 bis 20 Jahre gerecht werden.

 

Das Gesicht der Stadt zeigt sich zwar bei den Häusern und deren Erdgeschosszonen, aber ebenso über den öffentlichen Raum und wie damit umgegangen wird. Diese Herausforderungen gilt es zu meistern.