01.07.2022 / Agenda Innere Stadt

Es ist heiß!

… und es wird noch heißer.

Mitten am Hohen Markt – im Herzen der Inneren Stadt – sind Ende Juni 2022 rund 40 Personen zum brandaktuellen Thema Hitze in der Stadt an unserem fast runden Tisch in Austausch gekommen.

 

Eine angeregte Diskussion zwischen Expert*innen, Bezirkspolitik und Interessierten hat gezeigt, dass sich Viele des Problems der Hitze in unserer Stadt, und vor allem in der Inneren Stadt, bewusst sind und bereits erste Schritte in die richtige Richtung gesetzt wurden. Jedoch …

Veränderungen brauchen Zeit und den Willen dazu, Bäume brauchen viele Jahre zum Wachsen und eine wirkliche Klimawandelanpassung braucht jede noch so kleinste Maßnahme – von der öffentlichen Hand, aber auch von jeder einzelnen Person.

 

Jede und Jeder kann etwas Positives beitragen!

 

Wien wurde nie für diese Temperaturen gebaut

 

Die geladene Landschaftsplanerin Sabine Dessovic ging zu Beginn kurz auf die Historie der Wiener Stadtentwicklung ein. Das Zentrum Wiens wurde nicht für Temperaturen, wie wir sie in den vergangenen Sommer erlebten, gebaut. Viele Gassen und Plätze sind stundenlang der prallen Sonne ausgesetzt. Die Stadt heizt sich auf!

 

Zusätzlich hat die autoorientierte Planung des letzten Jahrhunderts nicht gerade zur Abkühlung und zur Verbesserung der Entwicklung unserer Stadt beigetragen. Die Folgen sind bekannt: zusätzliche Hitzentwicklung und Versiegelung, verringerte Luftqualität, zusätzlicher Lärm und Inanspruchnahme großer Flächen, Gefährdung der nachhaltigen und gesundheitsfördernden Mobilität, wie dem Radfahren oder Zu-Fuß-Gehen und das Zurückdrängen des Lebens in der Stadt.

 

Die Flächen, insbesondere innerstädtisch, sind ein knappes Gut mit dem es gilt behutsam umzugehen. Dabei stellt sich immer lauter die Frage, ob wir tatsächlich den Großteil dem motorisierten Verkehr überlassen wollen.

 

Es geht voran – wir brauchen viel Geduld

 

In der Inneren Stadt sind in den vergangenen Monaten und Jahren einige Projekte in die richtige Richtung umgesetzt worden. Die Vertreterin der Stadt Wien – MA 19, Architektur und Stadtgestaltung – Clarissa Knehs gab einen Überblick über Umgestaltungsprojekte, bei denen bereits auf klimagerechte Planung geachtet wurde. Diese sind der vor kurzem eröffnete Abschnitt Bauernmarkt beim Petersplatz, die Rotenturmstraße und die noch folgenden Umsetzungen wie der Neue Markt oder der Bereich um die Dominikanerbastei.

 

Auch kleinere Projekte, wie jener Bereich in der Seilerstätte Ecke Singerstraße, wo Begrünung und Sitzgelegenheiten realisiert wurden, zeigen Wirkung – nicht nur auf das Mikroklima, sondern ebenso ein verbessertes nachbarschaftliches Zusammenleben.

 

Clarissa Knehs berichtet kurz von den großen Schwierigkeiten, die sich immer wieder bei Baumpflanzungen ergeben, da unter den Straßen zahllose Leitungen (Gast, Strom etc.) verlegt sind. Die Stadt setzt dort wo es möglich ist, auf die effizienteste Methode den öffentlichen Raum zu kühlen: großkronige Bäume, die automatisch bewässert werden.

 

Max Wittkowski – Klimatologe und Mitarbeiter der MA 22, Umweltschutzabteilung der Stadt Wien – erläutert, dass diverse Studien der Stadt Wien ergeben haben, dass Bäume, und vor allem ein dichtes und geschlossenes Blätterdach, den besten Kühlungseffekt haben. Dort wo der Straßenquerschnitt zu gering, die Leitungen im Boden es nicht zulassen oder Baumpflanzungen auf andere Schwierigkeiten stoßen, ist vertikale Begrünung an Fassaden oder Begrünung von Dächern und Innenhöfen zumindest eine Alternative.

 

Sind wir schnell genug

… in der klimaresilienten Umgestaltung?

 

Mobiles Grün und mobile Wasserelemente sind auf den ersten Blick gute Kühlungsmöglichkeiten. Diese sind allerdings nur temporäre Maßnahmen und nicht auf Dauer sinnvoll, da sie hohe finanzielle Mittel benötigen – auch dauerhaft. Dicht begrünte Laubengänge und Urban Gardening wurden angeregt, also attraktive Orte die zum Verweilen einladen.

 

Es ist jetzt bereits möglich privat Baumscheiben – also die Flächen unterhalb und um Bäume – zu begrünen. Hier ist natürlich auch Ausdauer und ein grüner Daumen gefragt. In der Inneren Stadt wird dies leider kaum in Anspruch genommen.

 

Sabine Dessovic regt an betreute Begrünungsprojekte, die von der Stadt finanziert und initiiert werden, auch im 1. Bezirk zu testen. Nach und nach können diese Flächen dann von Bewohner*innen übernommen werden. Aber auch dazu benötigt es ausreichend finanzielle Mittel, Platz und vor allem motivierte Personen, die diese Begrünungen auch tatsächlich über einen längeren Zeitraum betreuen.

 

Interessant war auch die Feststellung von Max Wittkowski, dass es in Wien einige schattenspendende Bäume gibt, die jedoch ihren Schatten geparkten Fahrzeugen oder Abfallcontainern spenden. Hier liegt ungenutztes Potential brach!

 

Laut Clarissa Knehs gibt es genauso viele Stellplätze in Tiefgaragen, wie gemeldete Pkw, bezogen auf Gesamt-Wien. Dies lässt hoffen, dass es zukünftig möglich sein wird Raum, der bisher dem Parken zur Verfügung stand, für kühlende Maßnahmen zurück gewinnen zu können.

 

Die Innere Stadt ist auf dem richtigen Weg

 

Bei der Frage, ob wir schnell genug sind, gehen die Meinungen auseinander, aber die Richtung stimmt.

Das Gute ist, dass sich die politisch Verantwortlichen der Innere Stadt einig sind, dass der motorisierte Verkehr reduziert werden und dem Zu-Fuß-Gehen und Radfahren wieder mehr Raum zur Verfügung stehen muss. Ebenso wird bei jeder notwendigen Baumaßnahme geprüft, ob Baumpflanzungen möglich sind und wenn ja, diese auch umgesetzt.

 

Auf dem öffentlichen Raum lastet ein hoher Nutzungsdruck und die Zeit ist mehr als überreif klimarelevanten Projekten den Vortritt zu lassen. Wie eingangs erwähnt, sind wir am richtigen Weg. Es braucht Geduld aber auch Initiative und Anstrengung von uns allen. Es liegt an den politisch Verantwortlichen die richtigen Entscheidungen zu treffen, an der klugen Priorisierung bei dem Einsatz finanzieller Mittel und es liegt bei uns allen: jede Person kann etwas beitragen.